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Traditionelle Überlieferungen erzählen wie die Geschichte des Kung Fu`s begann:
Ein indischer Mönch namens Bodhidharma
reiste nach China, um im Shaolin Kloster der heutigen Provinz Honan die hohe Kunst der Meditation zu lehren. Dieser indische Priester machte die Shaolin Mönche mit dem Prinzip der Atemkontrolle und mentalen Übungen vertraut. Sein Ziel war es, den Schülern die Einheit zwischen Geist, Seele und Körper zu vermitteln. Im Laufe des Unterrichts ermüdeten die Mönche jedoch so sehr, dass sich ihr Lehrer etwas zu ihrer körperlichen Ertüchtigung einfallen lassen mußte. So entwickelte er Bewegungsformen, die seine kraftlosen Schüler nach langen Meditationsphasen wieder mit neuer Energie versorgten. Über Generationen hinweg wurden diese Bewegungen verfeinert und erweitert, bis daraus Partnerübungen und Kampftechniken zur Selbstverteidigung entstanden. Kernstück der Shaolin-Boxübungen bildeten Bewegungen, die von dem Angriffs- und Verteidigungsverhalten fünf verschiedener Tiere abgeleitet wurden - Drachen, Tiger, Schlange, Leopard und Kranich. Diese Methode ist bis heute unter dem Namen “die
klassischen fünf Tierstile der Shaolin” bekannt. In den Anfängen dieser Kampfkunst galt es als oberstes Gebot, die Techniken ausschließlich an Priester und Mönche des Ordens weiterzugeben. Doch während der Manchu-Zeit (1644 bis 1911) brachen die Mönche mit ihren Prinzipien und unterrichteten die chinesischen Bauern, um sie im Kampf gegen die herrschende Obrigkeit zu unterstützen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden viele verschiedene Unterstile des Shaolin Boxens. Eine der populärsten Shaolin Kung Fu Stilrichtungen in Hong Kong und Süd-China ist das Hung Gar Kung Fu.
HUNG GAR KUNG FU
Dieser Stil stammt direkt aus dem Südlichen Shaolin Kloster. Dieser Kloster war eine Zweigstelle des berühmten Nord-Shaolin Klosters und wurde in den Neun
Lotusbergen (Gau Li Shan) der Provinz Fukien erbaut worden. Wie sein nördlicher Bruder, der Honan Shaolin Tempel, war auch der Fukien Siu Lam Tempel als Hochburg der besten Kung Fu Meister in ganz
Süd-China berühmt. Der Ruf des Fukien Klosters wurde noch größer, als im Honan Tempel ein Feuer ausbrach und dieses Kloster sehr stark beschädigt wurde. Viele der Mönche verließen den Haupttempel mit kostbaren
Büchern und Aufzeichnungen und ließen sich im Fukien Kloster nieder. Nach dem Aufkommen der Ching (Manchu 1644 - 1911 n.Chr.) Dynastie, welche China mit eiserner Hand regierte und die Bevölkerung unbarmherzig
terrorisierte, verbanden sich die friedliebenden Mönche des Fukien Klosters mit den Anhängern der vorangegangenen Ming Dynasie, die in dem Tempel Zuflucht suchten.
Einer dieser Flüchtlinge, der im Tempel Zuflucht fand, war der Kräuterhändler Hung Gee Gung. Angeblich war Hung ein strenger Anhänger der Ming-Dynastie
und haßte die Ching-Regierung. Später, nach einem Zwischenfall, bei dem Hung Gee Gung
Streit mit einigen Ching-Anhängern bekam, flüchtete Hung in das Süd-Shaolin Kloster. Er soll für einen Chinesen eine außergewöhnlich kräftige Statur und einen unglaublichen Willen gehabt haben, außerdem sehr großes Interesse und Talent für die Kampfkunst. All diese Eigenschaften führten dazu, dass er einer der zehn direkten Schüler von dem berühmeten Shaolin Kung fu Meister Abt Chi Sim Sum Si wurde. Abt Gee Sim unterrichtete Hung Gee Gung besonders intensiv in dem kraftbetonten Shaolin-Tiger Stil. Dieser Stil, so wusste Abt Gee Sim, war für Hungs körperliche Voraussetzung und eisernen Wille besonders gut geeignet. Schon nach relativ kurzer Zeit soll Hung Gee Gung zu den besten Kung Fu Schülern seiner Zeit im Kloster gezählt haben. Da die Mönche des Fukien Tempels sich immer mehr gegen die Ching Dynastie stellten und so eine immer größer werdende Gefahr darstellten, wurde das Fukien Kloster im eines Nachts von Ching Armeen regelrecht überrannt und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nur wenige Mönche konnten diesem Blutbad entkommen. Unter ihnen waren auch Hung Gee Gung und sein Meister Abt Gee Sim.
Während Abt Gee Sim nach Kanton floh, dort später einen kleinen Tempel erbaute und ein ruhiges und zurückgezogenes Leben führte, fand Hung Gee Gung
Unterschlupf bei einer Hung Shao Theatergruppe, die mit ihren Dschunken die Hafenstädte Südchinas bereisten. In einer dieser Hafenstädte lernte Hung Gee Hung seine spätere Frau Fong Wing Chun
kennen, die Nichte des legendären Shaolin Meisters Fong Si Yu. Fong Wing Chun hatte von ihrem Onkel ein spezielles Kampfsystem erlernt, das Meister Fong Si Yu aus dem Shaolin-Kanichstil entwickelt hatte.
Hung Gee Gung sah in dem geschmeidigen aber sehr effektiven Kampfstil seiner Frau eine optimale Ergänzung zu seinem kraftvollen Tiger-Kung Fu. Später
kombinierte Hung diese beiden Shaolin -Stile und schuf so ein neues Kampfsystem, welches harmonisch Kraft und Flexibilität miteinander verband. Schnell wurde Hung`s neuer Kampfstil in Süd-China berühmt und als Shaolin Tiger und Kranich Kung Fu oder einfach
Hung`s Faust
(Hung Kuen) bekannt. Später eröffnete er eine eigene Schule in seiner Heimatstadt Fa City in Kwantung, in der nur Ming-Anhänger unterrichtet wurden. Über die Jahre wurde Hung in den südlichen Provinzen immer berühmter und bald schon war der Hung Stil der beste unter den fünf berühmten großen Kung Fu Stilrichtungen oder Schulen im Süden. Diese waren:
Hung Gar, Mok Gar, Lee Gar, Choy Gar und Lau Gar.
Die bekanntesten Meister des Hung Gar
Abt Chi Sim lehrte sein Kung Fu nach seiner Flucht lediglich einigen ergebenen Schülern. Sein talentiertester war Luk Ah Choy.Unter Abt Chi Sim´s
Anleitungen wurde Luk Ah Choy ein Experte in der Shaolin-Kampfkunst und wurde zu seiner Zeit
sogar südlicher Faustkampf-König. Heute wird Luk Ah Choy als einer der wichtigsten Meister dieses Stils betrachtet, der half, diesen Stil zu verbreiten und weiter zu entwickeln. Später ging Luk Ah Choy nach Kanton und eröffnete dort eine Kampfschule. Diese Kung Fu Schule wurde sehr berühmt und hatte viele Schüler. Zwei seiner besten Schüler waren
Wong Tai und später sein Sohn Wong Kay Yin. Wong Kay Yin wurde ein excellenter Kung Fu Kämpfer und sehr bekannter Meister. Er war zu seiner Zeit ein Mitglied der ,,
10 Tiger von Kwantung", einer Truppe, die sich aus den zehn besten Kung Fu Meister Süd-Chinas zusammensetzte. Der Ruhm von Wong Kay Yin wurde nur von dessen Sohn Wong Fei Hung übertroffen. Seine Lebensgeschichte und Heldentaten wurden zur Drehbuchvorlage
zahlreicher Kung Fu Filme, Reportagen und Berichte mit historischem Hintergrund. Wong Fei Hung war ein Volksheld, der zu den größten Kung Fu Kämpfer aller Zeiten in China zählt. Wong Fei Hung gab sein Wissen weiter an seinen Top Schüler
Lam Sai Wing, der seinen Meister auf vielen Abenteuern und Kämpfen treu zur Seite stand. Ein ungeschriebenes Gesetz dieser Zeit
war, daß bei einer Herausforderung der beste Schüler den Meister vertreten mußte. Und Lam Sai Wing mußte sehr oft für seinen Meister Wong Fei Hung kämpfen. So wurde langsam auch Lam Sai Wing in ganz Kwantung als ausgezeichneter Kämpfer berühmt. Sein Ruhm wuchs weiter, als er während eines Turniers auf dem Dum Gau Cheung Platz in Kwantung den ersten Platz gewann mit den Kung Fu Fähigkeiten, die er von Wong Fei Hung gelernt hatte. Nach dem japanisch/chinesischen Krieg starb Meister Wong Fei Hung.
Lam Sai Wing
unterstützte den Ruhm seines Lehrers und dessen Kampfkunst, indem er und seine Schüler drei Bücher über den Hung Gar Stil schrieben und veröffentlichten. Diese drei Bücher behandeln ausführlich die drei klassischen Formen
"Gung Gee Fook Fu Kuen ", Fu Hok Sheong Yin Kuen und Tit Sin Kuen, wie sie von Meister Wong Fei Hung an Lam Sai Wing weitergegeben wurden. Die Bücher waren eine absolute Revolution.
Denn davor wurde noch nie ein südlicher Kung Fu Stil der Öffentlichkeit enthüllt. Dank dieser Bücher
wurde das Wissen auch für alle kommenden Generationen von Hung Gar Schülern gesichert. Später unterrichtete Lam Sai Wing in Hong Kong und wurde dort wegen seiner unzähligen Kämpfe und seiner Bereitschaft, den Schwachen und Unterdrückten zu helfen, schon zu Lebzeiten eine Legende. Lam Sai Wing brachte Hung Gar in Hong Kong zu einer großen Beliebtheit. Wegen seiner Unterrichtsmethoden, seinen Ansichten und seiner Modernität trifft der Begriff Revolutionär durchaus auf ihn zu. Generell beginnt mit ihm eine Epoche besonderer Umgestaltung des Hung Gar Kung Fu. Dies betrifft sowohl die Reorganisation des Trainingsinhaltes wie auch des Trainingsaufbaus. Lam Sai Wing adoptierte später seinen Neffen Lam Jo und liebte diesen wie einen eigenen Sohn. Er lehrte ihn die authentische Kampfkunst.seines Meisters und Lam Jo erwies sich als würdiger Vertreter. Lam Jo´s ältester Sohn Lam Chun Fai führt die berühmte Familientradition nun weiter und unterrichtet Schüler weltweit auf Seminaren und in Privatunterricht.
In Lam Sai Wing´s Kung Fu Schulen trainierten einige der berühmtesten Hung Gar Kung Fu Meister Hong Kong´s wie z.B. Lam Jo, Chan Hon Chung, Lau Chan , Chiu Kau.
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