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Einer der wenigen noch lebenden Grossmeister einer grossen Generation von Hung Gar
Kung Fu Kämpfern und Helden und Vertreter einer der bekanntesten Hung Gar Familie weltweit ist Lam Jo. Mit nun über 95 Jahren ist er einer der letzten, der sich noch persönlich
an den berühmten Volkshelden Wong Fei Hung erinnern kann. Als Neffe des ebenso berühmten Hung Gar Grossmeisters Lam Sai Wing (der letzte Schüler von Wong Fei Hung)
hat Lam Jo sein ganzes Leben der traditionellen Hung Gar Kung Fu Kunst gewidmet. Er lebt das Hung Gar mit Leib und Seele. Es ist zu seinem Lebensinhalt geworden. Diese
Einstellung hat er an seinen ältesten Sohn Lam Chun Fai weitergegeben, der heute den Glanz und den Stolz nicht nur seines Vaters und seiner Familie, sondern des ganzen Hung
Gar Stammbaums respektvoll und ehrenhaft repräsentiert.
Lam Chun Fai (Anthony Lam) wurde 1940 in Hong Kong geboren. Seinen Namen erhielt er von seinem Grossonkel
Lam Sai Wing. Lam Chun Fai begann sein Hung Gar Training im Alter von 5 Jahren unter der Anleitung seines Vaters
Lam Jo und übte jeden Tag, sieben Tage die Woche, jeweils 2 Stunden am Morgen, am Nachmittag und am Abend. Durch seine starke Begeisterung und den außergewöhnlichen Trainingseifer zeigten sich bei Lam Chun Fai recht
schnell grosse Fortschritte und Erfolge. Die erste Form, die er lernte, war die Fu Hok Sheong Ying Kuen (Tiger/Kranich-Form), die auch heute noch zu seinen Lieblingsformen zählt. Weitere Favoriten sind die Gung Gee
Fook Fu Kuen, die Tit Sin Kuen, Seung Lung Dou (Doppel-Säbelform) und einige Zwei-Mannformen.
Mit 16 Jahren begann Lam Chun Fai seinem Vater beim Unterrichten zu helfen. Er wurde der Chief-Instructor der vier
Schulen - zwei auf der Insel Hong Kong und zwei auf dem Festland Kowloon (eine dieser Schulen war die berühmte
Lam Sai Wing Physical Trainings-Schule). Im Alter von 18 Jahren eröffnete Lam Chun Fai seine eigene Hung Gar Kung Fu Schule und Pracis für traditionelle chinesische Medizin in Hong Kong.
1985 wurde Lam Chun Fai nach China eingeladen, um Hong Kong als Berater bei dem 1. International Wushu
Invitational Tournament in Xián zu vertreten. Ein Jahr später wurde er nochmals zu dem 2.Turnier in Tianjin
eingeladen, um hier an den traditionellen Kung Fu Wettkämpfen teilzunehmen. Bei diesem Turnier zeigte Lam Chun Fai die berühmte Tiger/Kranich-Form und die Doppel-Säbelform und erhielt eine Auszeichnung für die beste
originalgetreue Ausführung sowie eine Gold-Medaille. Im Laufe der kommenden Jahre erhielt Lam Chun Fai zahlreiche Einladungen aus vielen Ländern, bei denen er seine außergewöhnlichen Fähigkeiten und sein Können
stets eindrucksvoll demonstrierte. Mittlerweile leitet er Seminare und erteilt Privat-Unterricht weltweit. Im Jahr 2000
wurde Lam Chun Fai dann die Ehre zu teil, das Wong Fei Hung Museum in Fushan zu eröffnen. Beim 1st. Traditional
Wushu Festival in Zhengzhou/VR China im Oktober 2004 gewann Lam Chun Fai jeweils eine Goldmedaille mit der Tiger/Kranich-Form und eine mit den Dopelsäbeln.
Lam Chun Fai ist ein Hung Gar Grossmeister, der eher bescheiden und zurückhaltend ist, jedoch ohne Zweifel stolz
auf seine Familienkunst und seine Erfolge und sich seiner Fähigkeiten und Kenntnisse bewußt. Aufgewachsen als
der älteste Sohn von Grossmeister Lam Jo und als Vertreter einer berühmten Linie erhielt er damit eine grosse
Chance verbunden mit Herausforderung und Verantwortung. Obwohl er das komplette Hung Gar Kung Fu System von seinem Vater gelernt hat, entwickelte Lam Chun Fai auch persönliche Ideen, die seinem Kung Fu einen eigenen
Charakter geben. Seine Vorstellung von der Hung Gar Kunst drückt er mit Worten so aus.” Wenn man die Kunst übt,
soll man über die rein körperliche Bewegung hinausgehen. Man soll alle Bewegungen empfinden, fühlen, analysieren
- lernen, dann studieren, denken und darüber meditieren. Wie man die Bewegungen ausführt, ist, wie man sie wahrnimmt.”
Vor hundert Jahren kämpfte Wong Fei Hung als Rebell gegen die Qing-Dynastie. Heute haben seine Kung Fu-Nachkommen ein anderes Ziel. Ein moderner Kämpfer wie Lam Chun Fai unterrichtet das traditionelle Hung Gar
und die darin enthaltenen Formen weniger als eine Methode, um zu verletzen oder sogar zu töten (obwohl die
Effektivität dieses Kampfkunstsystems unbestritten auch heute nichts an ihrer Wirkung und Stärke verloren hat),
sondern mehr als eine Art Waffe gegen den heutigen Lebenskampf in allen Bereichen. Für ihn ist das Praktizieren
ein Weg der persönlichen Weiterbildung. Die Lehren, die er weiter gibt, führen zu Veränderungen in uns, aber wenn
wir dadurch neue (tiefere) Ansichten von uns selbst und der Welt erhalten, ist das mehr als wenn wir tausend Gegner besiegen könnten.
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